Windkraft
Margarete Bause behauptet im Main-Post-Interview, in Bayern dürften überhaupt keine neuen Windräder mehr gebaut werden, wenn Horst Seehofer sich mit seiner Initiative durchsetzt, die Abstandsflächen zu Siedlungen zu erhöhen. Stimmt das?
Der Faktencheck sagt, die Aussage ist halbwahr. Seehofers Vorhaben hätte zwar nicht zur Folge, dass gar keine Windräder mehr gebaut werden würden, erhebliche Einschränkungen beim Ausbau der Windkräft gäbe es aber dennoch. Alle Infos dazu: http://www.mainpost.de/7637110
Hentinger ist dagegen
Also zunächst einmal muss ich zugeben, dass ich mich hier nicht wirklich zurechtfinde. Wofür ist man eigentlich, wenn man "dafür" ist? Für den Faktencheck? Für das Ergebnis von diesem angeblichen Faktencheck? Oder für Windkraft? Auch das System von Adhocracy selbst verwirrt mich. Warum werden Antworten auf einen Diskussionsbeitrag nicht direkt angezeigt sondern hinter einer unsinnig beschrifteten Schaltfläche versteckt?
Nunja, dann eröffne ich eben auch eine neue Diskussion.
Das von RolandSR veröffentlichte Schreiben von Frau Ziegra-Schwärzer zeigt doch mit aller Deutlichkeit, worum es der Dame (und ihren beiden Kollegen, Herrn Weidlich und Frau Mattern) in Wirklichkeit geht: möglichst viel Platz für die Windparkerrichter ausweisen. Wenn man sich dabei zwischen dem Schutz der Anwohner und der Gewinnmaximierung der Windradfirmen entscheiden muss, dann müssen die Bürger halt Verständnis dafür haben, dass es nunmal nicht anders geht.
Dass es sich bei den Gebieten außerhalb eines 2.000-Meter-Radius um Siedlungsgebiete ausschließlich um hochgradig schützenswerte Landschaften handelt, ist schlicht nicht zutreffend. Außerdem kann sich die Dame ihre Krokodilstränen sowieso wieder aus dem Gesicht wischen, denn auch ohne 10H-Regelung hatte der Planungsverband bisher keinerlei Skrupel, Vorrang- und Vorbehaltsgebiete auch in Wäldern und anderen sensiblen Gebieten auszuweisen (wenn der richtige Interessent nachfragte?).
Ja, mag sein, dass man bei einer 10H-Regelung in der Planungsregion Würzburg nicht mehr so viel Fläche für Windräder ausweisen kann, wie man gerne würde. Na und? Dann ist das eben so. Hat jemal eine Genehmigungsbehörde Verständnis gehabt, wenn ein Bauplatz nicht groß genug war, um bei den ambitionierten Vorstellungen des Bauherrn die vorgeschriebenen Abstandsflächen zum Nachbargrundstück einzuhalten?
Überhaupt muss man sich doch mal klar machen, dass die Bayerische Staatsregierung im bayerischen Energiekonzept "Energie innovativ" im Jahr 2011 einen Bedarf von zusätzlichen 1.000 bis 1.500 Windrädern nannte, um das gesteckte Ziel für den Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2021 zu erreichen. Unterfranken macht gerade einmal 12,1% der bayerischen Fläche aus, also müssten da 121 bis 182 Windräder entstehen. Dafür bräuchte es etwa 1.200 bis 1.800 ha Platz. Der Planungsverband will stattdessen aber unbedingt etwa 2% der Fläche Unterfrankens für die Windräder zur Verfügung stellen. Das sind ca. 17.000 ha und somit Platz für etwa 1.700 Windräder.
Hat man etwa vor, alle noch in Bayern zu errichtenden Windräder in Unterfranken unterzubringen? Will man so vielleicht Altbayern vor den Windrädern verschonen? Wenn man sich mal anschaut, wie viele Windräder bereits in (Unter-)Franken stehen und wieviele in Ober- und Niederbayern, kann man jedenfalls sehr leicht auf so einen Gedanken kommen. Welches Spielchen läuft da eigentlich gerade?
Auch das Klopfen auf die eigene Schulter wegen dem ach so tollen freiwilligen 1.000-Meter-Abstand zu Wohngebieten kann die gute Dame gerne wieder sein lassen. Erstens sagt sie ja selbst, dass diese Regelung bei der aktuellen Rechtslage vor einem Gericht kaum eine Chance hat. Nebenbei riskiert sie damit, dass der ganze Regionalplan ungültig wird und dann die Windräder im Prinzip überall erlaubt sind. Ob das nun Absicht oder nur Fahrlässigkeit ist, lass ich mal dahingestellt sein. Zweitens ist ihr natürlich bekannt, dass die Vorrang- und Vorbehaltsgebiete nicht "flächenscharf" sind und deshalb durchaus auch Windräder genehmigt werden, die sich 100 oder 200 Meter außerhalb eines Vorrang- oder Vorbehaltsgebiets befinden. Und schon sind wir wieder beim "normalen" Abstand von 800 Metern.
Ja gut, so ein Windpark aus aktuellen Windrädern mit einem Schallleistungspegel von 105 dB(A) und mehr überschreitet bei einem Abstand von lediglich 800 Metern zu einem Wohngebiet natürlich die Immissionsrichtwerte der TA-Lärm, aber das spielt für die Genehmigung keine Rolle - dann werden eben nachts Windräder abgeschaltet. Dass diese Windräder dann nicht mehr wirtschaftlich sind, juckt den Projektierer nicht. Erstens sind in Bayern eh fast alle Windräder unwirtschaftlich und zweitens werden die Anlagen nach ihrer Errichtung sowieso in der Regel verkauft - idealerweise an eine Genossenschaft oder KG. Das nennt man dann scheinheilig "Bürgerbeteiligung". Erst kürzlich hat übrigens der Deutsche Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V. (DGRV) veröffentlicht, dass 60% der Energiegenossenschaften gar keine Dividende ausbezahlen. Trotzdem wird vor diesen hochriskanten Geschäften nicht etwa gewarnt, sondern die Leute werden - insbesondere von Politikern aller großen Parteien - dazu animiert, weiterhin ihr Geld in diese Anlagen zu investieren.
Ich freue mich schon heute auf den Tag, an dem diese Blase platzen wird. Dann werden wieder alle - Politiker und Anleger - mit Dackelblick in die Kamera schauen und beteuern, dass das niemand ahnen konnte. Und unsere Frau Ziegra-Schwärzer wird sich darauf berufen, dass sie sich lediglich immer an die geltenden Gesetze gehalten hat. Manchmal wiederholt sich Geschichte eben doch.
Apropos wiederholt: Diesen Donnerstag (also am 22.08.) erzeugten alle deutschen Windräder bereits zum zweiten mal in diesem Jahr unter 150 MW - diesmal waren es 138,0 MW. Jedes der bereits über 32.000 Windräder hat also im Schnitt 4,3 kW erzeugt. So etwas bezeichnet Frau Ziegra-Schwärzer ernsthaft als "bedeutende Form der Energiegewinnung"? Wie betriebsblind muss man für so eine Aussage eigentlich sein?